Abschaffung oder Präzisierung?

昼間の工場地帯

«Dem VCS muss man die Knöpfe zumachen», fordert Volkes Stimme zur Verhinderung von Bauprojekten. Genau das will die SVP mit Abschaffung, die FDP mit Präzisierung des Verbandsbeschwerderechts.

hans lüthi

Weniger hitzig in der Debatte, aber inhaltlich brisant war die Diskussion schon vor drei Jahren. Zuerst wollten die Freisinnigen die Verbandsbeschwerde selber aus dem Baugesetz kippen, besannen sich aber eines Besseren und wandelten ihre Motion in ein Postulat um. Bei sinnvoller Anwendung durch gemässigtere Umweltschützer – wie jene von Pro Natura oder WWF Aargau – bringt das Instrument immer wieder segensreiche Lösungen, die den beteiligten Bauherren, der Umwelt und damit der Gesellschaft nützen. Das gilt noch immer, was im Pulverdampf des Gefechtes mit dem VCS unterzugehen droht.

FDP will klare Verantwortlichkeiten

Seit 2001 fordert die die SVP-Fraktion «eine ersatzlose Streichung des Verbandesbeschwerderechts». Heute per Standesinitiative und mit der Begründung, diverse Organisationen missbrauchten dieses Rechtsmittel «zur Durchsetzung ihrer ideologisch geprägten Wertvorstellungen». Damit werde die Rechtssicherheit für Bauherren und Investoren nachhaltig gestört, viele könnten ein Lied davon singen, «wie sie mit teilweise abstrusen Forderungen am Bauen gehindert werden».

Statt das Kind mit dem Bade auszuschütten, will die FDP-Fraktion eine Konkretisierung der Verantwortung, der Verfahren und der Finanzierung. Die Verbände müssten demokratisch organisiert sein, schon in die Planung einbezogen werden, um nicht behandelte Einwände später auszuschliessen zu können. Weiter sei die aufschiebende Wirkung zu relativieren, die Verbände müssten sich an den Kosten beteiligen, «Privatbussen und Freikäufe sind zu verbieten».

VCS Aargau auf der harten Linie

Die massive öffentliche Kritik führt zu einer etwas konzilianteren Haltung beim VCS Schweiz, aber die Sektionen Zürich und Aargau weichen nicht von ihrer harten Linie ab. VCS-Geschäftsführer Martin Bossard stuft diese «Übung» als unnötig ein. Beim Bund seien ohnehin 17 Vorstösse hängig, da brauche es jene aus dem Aargau nicht mehr. Entweder seien die federführenden Parteien über die Berner Politik schlecht informiert oder sie suchten nur eine Plattform für die Wahlen, sagt Bossard scharfzüngig.

Das strenge Umweltrecht des Bundes sei für Kantone und Gemeinden verbindlich – auch Kantone ohne entsprechende Gesetze müssten es anwenden, glaubt Bossard. Genau diese Frage muss das Bundesgericht beim Seedamm-Center wegweisend klären. Und damit wohl die dringend nötige Grundlage für die Entscheide des Verwaltungsgerichts in Spreitenbach und Oftringen liefern.

Die Fälle Tivona/Migros in Oftringen

Neben der Autobahnausfahrt in Oftringen sind zwei Grossprojekte geplant, die gemäss VCS Aargau fast so gross werden wie das Einkaufszentrum Glatt. Statt aktive Siedlungspolitik zu betreiben, bewillige man immer neue Verkaufszentren im Grünen. Den Zusatzverkehr könnten die Strassen gar nicht verkraften, begründet Martin Bossard vom VCS Aargau die Forderung nach weniger Autos und dafür Bussen im Takt von 10 Minuten. Die Basler Tivona will in Oftringen auf 18 000 Quadratmetern für 35 Unternehmen bauen, vom Media Markt bis zu Läden für Schuheund Textilien. Der VCS Aargau hat nur auf eine Einsprache verzichtet, weil Tivona mit 350 Parkplätzen für Kunden und 50 für Angestellte zufrieden ist. Mit einer strikten Vereinbarung besteht der Zwang zu Parkgebühren ab erster Stunde von mindestens einem Franken, bei Missachtung droht die Strafe von 50 Franken pro Tag und Parkplatz. Das wird da und dort auch als Erpressung gewertet. Ganz in der Nähe der Tivona plant Migros einen Baumarkt, wollte sich aber dem VCS-Diktat nicht beugen. Gemäss Bundesgericht kann die Migros jetzt bauen, aber eine VCS-Beschwerde ist vor Verwaltungsgericht hängig. «Mit dem VCS führen wir keine Verhandlungen», sagt Thomas Bornhauser als Sprecher von Migros Aare mit Nachdruck. (Lü.)

Der Fall Ikea in Spreitenbach

In Spreitenbach ist der erste Standort der Ikea in der Schweiz zu klein geworden, das unkonventionelle Möbelhaus aus dem Norden plant einen Neubau für 100 Millionen Franken. Bevorzugt wird Spreitenbach, aber der Alternativstandort Dietikon rückt jetzt wieder in den Mittelpunkt. Der VCS Schweiz hat im Streit gegen den VCS Zürich entschieden, den Entscheid des Zürcher Verwaltungsgerichts nicht ans Bundesgericht weiter zu ziehen. Damit hat sich im Fall Dietikon Zentralpräsidentin Franziska Teuscher gegen Gabi Petri vom VCS Zürich durchgesetzt.Beim Spreitenbacher Projekt sind die Parkplätze im Laufe der Planung durch Beschwerden sukzessive reduziert worden, zuerst von 1600 auf 1100, schliesslich auf maximal 700 bis 890 in Spitzenzeiten. Eine Beschwerde des VCS ist vor Verwaltungsgericht hängig, der Klub schien eine Zeit lang gesprächsbereit. Doch jetzt sagt Hans Kaufmann, Immobilienchef von Ikea Schweiz: «Wir sind von dieser Organisation verschaukelt worden, der VCS hat uns ins Leere laufen lassen.» Statt der Bereitschaft zum Kompromiss seien neue Forderungen gestellt worden, den zusätzlichen Bedarf könne Ikea gar nicht erbringen. Der Aargauer VCS-Geschäftsführer Martin Bossard meint, im Vergleich zum Projekt Dietikon habe Spreitenbach noch zu viele Parkplätze, der Ball liege bei Ikea. (Lü.)

Standort Baumarkt Oftringen Gemäss Bundesgericht darf die Migros auf eigenes Risiko bauen, ein Urteil des Verwaltungsgerichts steht noch aus.

 

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